Die Mitte stärken
Medizinisches Qigong - Guolin Qigong

Was versteht man unter Achtsamkeit?

 

In einer alten chinesischen Geschichte wurde ein Zen-Meister einmal von seinen Schülern gefragt, was er als Meister denn anders mache als seine Schüler. Worauf er ihnen antwortete: "Wenn ich stehe, dann stehe ich, wenn ich gehe, dann gehe ich, wenn ich sitze, dann sitze ich, wenn ich esse, dann esse ich, wenn ich schlafe, dann schlafe ich ..."

Die Fragenden unterbrachen ihn: "Das tun wir auch, aber was machst Du darüber hinaus?"

Er antwortete erneut: "Wenn ich stehe, dann stehe ich, wenn ich gehe, dann gehe ich, wenn ich ... "

Seine Schüler unterbrachen ihn erneut: "Aber das tun wir doch auch!"

Daraufhin er: "Nein - denn wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon, wenn ihr steht, dann lauft ihr schon, wenn ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel."

 

 

Achtsam zu sein bedeutet, innere und äußere Vorgänge mit ungeteilter, entspannter Aufmerksamkeit zu beobachten und "das ganze Bild" aufnehmen. Dabei basiert die Haltung der Achtsamkeit auf den folgenden Voraussetzungen:

  • Bewusstheit: Wir verlieren uns nicht in einer Tätigkeit, sondern sind uns stets bewusst, dass wir etwas Bestimmtes tun.
  • Wertschätzende Akzeptanz des Da-Seienden: Wir nehmen alles, was da ist, wohlwollend an - auch wenn es "unerwünschte" Gefühle sein mögen.
  • Beobachten, ohne zu urteilen, zu bewerten oder einzuordnen: Wir beurteilen oder bewerten nicht das Wahrgenommene, auch wenn uns etwas bereits bekannt vorkommt und wir gerne auf Vorurteile oder Erfahrungen zurückgreifen möchten. Wir registrieren die Geschehnisse, ohne Gedanken oder Gefühle einzuklinken.
  • Perspektivenwechsel: Wir sind uns bewusst, dass unsere Sichtweise falsch, beschränkt oder einengend sein kann, weil Dinge aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden können.
  • Innerer Beobachter: Wir beobachten uns dabei, was in bzw. mit uns geschieht, während wir denken, fühlen, beobachten, uns sorgen oder erinnern - und versuchen unsere Aufmerksamkeit immer wieder zum Ausgangspunkt zurück zu führen.

Achtsam sind wir nicht, wenn wir mehrere Dinge gleichzeitig oder automatisiert erledigen,  oder wenn eingeschliffene Erlebens- und Verhaltensmuster uns unbewusst steuern. Die Möglichkeit von Veränderung, einer völlig neuen Erfahrung, wird dabei ausgeblendet. Immer wenn wir glauben, etwas schon zu wissen, sind wir nicht mehr präsent.

 

 

In Achtsamkeit werden die Wahrnehmung und automatisch erfolgende gefühlsmäßige Reaktionen bewusst von Reaktionen auf diese Erfahrung auf der Handlungsebene getrennt. Impule können beobachtet werden, Automatismen werden unterbrochen. Beispielsweise wird ein Juckreiz beobachtet, ohne gleich (automatisch) zu kratzen. Dabei wird häufig die Erfahrung ermöglicht, dass dieser von selbst wieder verschwindet, oder eine störende Fliege ohne eigenes Zutun wieder wegfliegt.

 

Ein wichtiges Anwendungsfeld in der Praxis ist der "Achtsamkeitsbasierte Umgang mit Stress" (MBSR), den ich in Einzelcoachings und meinen Seminaren grundsätzlich vermittle.